Mittwoch, 21. Juni 2023

Winter, Thilo - Der Riss

Über den Autor

Hinter dem Namen Thilo Winter verbirgt sich ein renommierter deutscher Wissenschaftsjournalist. Er studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Ethnologie.
In seinen Reportagen berichtet er über Unterwasserforschung mit Tauchrobotern, archäologische Funde in abtauenden Gletschern, den Klimawandel als Ursache für den Untergang früher Kulturen und die Zukunft der Polargebiete. Winter arbeitet u.a. für die Zeitschriften Spiegel Geschichte, Bild der Wissenschaft und Spektrum der Wissenschaft.
Er ist ein versierter Romanautor, der mit »Der Riss« nunmehr einen Thriller vorlegt. Damit bewegt er sich im Genre von Kollegen wie Douglas Preston und Lincoln Child oder auch Matthew Reilly, die ebenfalls diesen Schauplatz bereits in ihrem Schaffen verarbeitet haben.
(Stand: 2023)


Der Riss

Ausgabe: Paperback (01/23; 384 S.)

 

3 / 5 ⭐️
 
Das Geheimnis von Artemis
 

Der Wissenschaftsjournalist Thilo Winter beschreibt in seinem Debütroman mit vielen authentischen Hintergrundinformationen die Ängste vor einer Umweltkatastrophe, die verheerende Folgen für das Weltklima hätte.

Dafür hat er sich die Erfahrungen von Dr. Klaus Guba, Leiter der Station Neumayer III in den Jahren 2019/20 zu Nutzen gemacht.

Die Westantarktis ist mit einer Fläche von vierzehn Millionen Quadratkilometern fast zweimal so groß wie Australien und zugleich der am wenigsten erforschte Kontinent der Erde. Dieses Gebiet enthält die reichsten Bodenschätze der Welt: Gold, Diamanten, Erdöl und vieles mehr. Im Antarktisvertrag von 1956 und dem Madrider Protokoll von 1991 hatten sich 45 Staaten dazu verpflichtet, dort keine Bodenschätze zu fördern. Inzwischen wird der Vertrag von 55 Staaten anerkannt.

Zum fiktiven Teil des Buches:
Unter dem Eis der Westantarktis ist ein riesiges Vulkanfeld mit 91 Vulkanen entdeckt worden. Da die Eisdecke permanent abnimmt und bereits ein großer Riss entstanden ist, will man untersuchen, ob die Vulkane möglicherweise aktiv sind bzw. ob ein Ausbruch bevorstehen könnte.

Aber in diesem Thriller geht es auch um die Gier nach Reichtum und damit um die Suche nach und Bergung von Diamanten.

Seit vier Wochen sind die Geologen Pietro Malatesta und Emilio Rauwolf bei einer Erkundungstour verschollen. Deshalb fordert die Forschungsstation Neumayer III Ersatz an. Die Vulkanologin Antonia Rauwolf tritt die Reise zur Forschungsstation an, nicht zuletzt mit dem Hintergedanken, ihren verschollenen Bruder Emilio zu finden.

Sie findet ihn tatsächlich und er lebt noch, was ich für unmöglich halte. Kein Mensch überlebt in einem abgestürzten Flugzeugwrack in der eiskalten Antarktis.

Einem weiteren Fantasieprodukt entspringt die Suche nach Artemis, auf dessen Spuren sich schon die Eltern von Emilio und Antonio begeben hatten, bevor sie im »ewigen Eis« zu Tode kamen.

Was bezweckt der Autor mit der Einbindung einer Göttin aus der griechischen Mythologie? Mit Artemis kann man angeblich Zellen erneuern und Kranke heilen. Das ist ziemlich abstrus.

 

Fazit:

Um den beschriebenen Wahrheitsgehalt des Buches herum hat Winter einen spannungsgeladenen Thriller entstehen lassen, der es zuweilen mit der Fiktion und der Action übertreibt und im Schlussdrittel überladen ist. Beim Lesen habe ich mir mehrmals die Frage gestellt, welchem Genre dieses Buch zuzuordnen ist, wenn man es von der fiktiven Seite aus betrachtet – Fantasy, Horror, Action, Thriller? Letztlich habe ich mich dazu durchgerungen, es in der Sparte Thriller anzusiedeln.
Man darf gespannt sein, was der zweite Thriller »Der Stich« für den Leser bereithält, der im Januar 2024 erscheinen soll. Ich würde mir mehr Ausgewogenheit wünschen.
Wer spannungsgeladene Action mag und über einige Ungereimtheiten hinwegsehen kann, dem kann man dieses Buch empfehlen. Mich hat es nicht richtig überzeugt, deshalb von mir nur knappe 3 von 5 Sternen.

Samstag, 17. Juni 2023

Geschke, Linus - Die Verborgenen

Über den Autor

Linus Geschke wurde 1970 geboren und lebt in Köln. Er ist Krimiautor aus Leidenschaft, aber in erster Linie ist er Journalist. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für SPIEGEL Online und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Mit seiner Jan Römer-Reihe um den gleichnamigen Kölner Zeitungsredakteur gelangte er aus dem Stand auf die Bestsellerliste. Die Reihe wurde für die ARD verfilmt.
(Stand: 2023)

 

Die Verborgenen

 Ausgabe: Paperback mit Klappentext (06/23; 368 S.)

 

 

  
4 / 5 ⭐️
 
Von Haien und anderen Lebewesen
 

Franziska und Sven Hoffmann leben gemeinsam mit ihrer siebzehnjährigen Tochter Tabea in einem großen Haus an der Nordseeküste. Die große Liebe zwischen den Beiden ist längst verflogen und sie leben eigentlich nur noch in einer Zweckgemeinschaft. Dass ihre Tochter in ihrer Freizeit in einer Mädchengang abhängt, davon wissen sie auch nichts.

Beide haben sich mittlerweile umorientiert und haben neue Partner kennengelernt, was zunächst keiner vom anderen weiß. Jemand Fremdes dringt in ihr Haus ein und es geschehen Dinge, die sich sowohl Sven als auch Franziska nicht erklären können und beide schieben sich die Schuld gegenseitig zu.

Franziska ist sehr labil, da sie vor Jahren überfallen wurde und lange in psychologischer Behandlung war. Aufgrund der jetzigen Ereignisse kehren diese Traumata wieder zurück. Die häusliche Situation schaukelt sich langsam hoch und zu allem Überfluss verschwindet Tabea.

In den »Ich-Perspektiven« von Sven und Franziska Hoffmann schildern beide aus ihrer Sicht das Geschehen. Auch Tabea erzählt aus ihrer Sicht. So grenzt der Autor die Erzählweisen klar ab. In der »Du-Perspektive« erzählt der fremde Eindringling, warum plötzlich Gegenstände verschwinden und fremde Fußspuren auftauchen. Diese Erzählweise findet man nur selten. Der Spannungsbogen pendelt sich in einem gleichbleibenden Level ein, da die überraschenden Momente fehlen. Zum Ende hin habe ich auf einen »Das habe ich nicht für möglich gehalten«-Effekt gehofft, der aber ausgeblieben ist.

Was ebenfalls auffällt ist die Tatsache, dass in diesem Buch die Polizei kaum eine Rolle spielt. Lediglich einmal taucht sie im Geschehen auf, als sie nach dem Drogendealer Nermit und Tabeas Freundin Marie (genannt Pommes, da ihre Eltern eine Imbissbude betreiben) suchen. Ein Ermittlerteam kommt in diesem Buch nicht zum Einsatz, was ich als willkommene Abwechslung zu anderen Büchern empfunden habe.

 

Fazit:

Nachdem ich meinen ersten Geschke „Das Loft“ gelesen hatte, war ich gespannt auf »Die Verborgenen«.
Ich habe mich gefragt, was sich hinter diesem Titel verbirgt und was mir die rätselhafte Coverabbildung mit einem erleuchteten Fenster in einem großen Haus in dunkler Nacht sagen soll?
Die Erklärung zum Titel liefert der Autor praktisch im Abspann des Buches und schreibt über eine Begebenheit mit einem realistischen Hintergrund, wenn man es auch nicht glauben mag. Dieses Buch kann man ohne Weiteres als Psychothriller bezeichnen.
Eine spannende Lektüre wurde mit einem flüssigen Schreibstil zu Papier gebracht. Von einem Pageturner kann man allerdings nicht sprechen. Und für mein Empfinden kommt es vom Inhalt her nicht ganz an »Das Loft« heran, aber 4 von 5 Sternen hat es allemal verdient.