Donnerstag, 21. November 2024

Gruber, Andreas – Todesspur (Sneijder und Nemez, 8)

Über den Autor

Andreas Gruber, 1968 in Wien geboren, lebt als freier Autor mit seiner Familie und fünf Katzen in Grillenberg in Niederösterreich. Seine Bücher wurden, mit einer deutschsprachigen Gesamtauflage von über 6 Millionen Exemplaren, u.a. zweimal für den Friedrich-Glauser-Krimi Preis nominiert, mit der Herzogenrather-Handschelle, dem Skoutz-Award, dem Leo-Perutz-Krimi-Preis, dreimal mit dem Vincent Preis und dreimal mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. Constantin Film hat 2019 im Auftrag von SAT.1 Maarten S. Sneijders 1. Fall »Todesfrist« und 2020 den zweiten Teil »Todesurteil« mit Josefine Preuß und Raymond Thiry verfilmt.
(Klappentext © Wilhelm Goldmann Verlag, München 2024)


Todesspur

Kategorie: Thriller - Deutschland
Ausgabe: Taschenbuch mit Klappentext (10/24; 624 S.)
Meine Bewertung: ⭐️⭐️⭐️⭐️


Der Kampf geht weiter

Im Prolog des Thrillers erfahren wir, um welches Thema es in diesem wohl vorletzten Band mit den beiden BKA-Ermittlern Sneijder und Nemez geht. Die Topmanagerin eines staatsnahen Konzerns, der Windräder produziert, kommt durch einen Autosprengsatz ums Leben. Von außen hängt ein Flugblatt an der Windschutzscheibe. Darauf befindet sich ein Symbol mit einem roten fünfzackigen Stern mit der Spitze nach oben und der Abbildung einer MP5 der Marke Heckler & Koch.


Andreas Gruber lässt ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte wieder aufleben: die terroristischen Aktivitäten der einstmals gefürchteten Rote Armee Fraktion (RAF). Dieses Thema könnte nicht besser in der heutigen Zeit platziert sein, wo linke und rechte Gruppen unsere Gesellschaft bedrohen.

Die junge vierte Generation R4F will nicht nur die Trendwände nach rechts bekämpfen, sondern auch das Leugnen des Klimawandels. Den Einsatz von erneuerbaren Energien wollen sie vorantreiben und die Nutzung von fossilen Brennstoffen stoppen. Der Staatsschutz vom LKA Meckenheim recherchiert seit mehreren Monaten Undercover im Darknet und hat dabei Chats von linken Terrorzellen abgefangen.

Einer der Drahtzieher, die maßgeblich am Aufbau dieser neuen Terrororganisation beteiligt sind, ist ein gewisser Dr. Paul Conrad. Er war ein Sympathisant der zweiten und dritten RAF-Generation. Zusammen mit seiner unehelichen Tochter Anna Bischoff will er nach Mallorca reisen, um in einem noblen Clubhotel mit Hilfe von Workshops an private Daten der Teilnehmer des Jetsets und der High Society zu gelangen. Aber Sneijder und Nemez sorgen dafür, dass alles anders kommt, wie wir in diesem Handlungsstrang erfahren.

In einem zweiten Handlungsstrang, der parallel läuft, lernen wir die undurchsichtige Lea Fuchs kennen. Sie spricht wie in Selbstgesprächen mit ihrer bei der Geburt gestorbenen Zwillingsschwester Camilla. Diese gibt Lea vor, was sie tun und lassen soll. Das ist ein unterhaltsamer Aspekt, den Gruber hier aufgegriffen hat. Psychologen beschreiben dieses Phänomen als eine Illusion des eigenen Unterbewusstseins. Bis fast zum Ende lässt uns Gruber darüber im Unklaren, ob es zwischen Lea Fuchs und den Terrorristen eine Verbindung gibt.

Seinen niederländischen BKA-Profiler und forensischen Psychologen Maarten S. (Sommerset) Sneijder lässt Gruber wieder in all seinen Facetten aufleben, wie in den bisherigen sieben Bänden zuvor. Er ist ein Misanthrop, wegen seiner Cluster-Kopfschmerzen raucht er Marihuana und akupunktiert sich selbst. Nach meinem Empfinden ist das taktlose Verhalten von Sneijder dieses Mal stärker ausgeprägt als in den Bänden zuvor. Er kommt mir noch galliger vor, was allerdings die Würze dieser Thrillerreihe ausmacht. Die einzige Ermittlerin, die es mit ihm aushält und damit umzugehen weiß, ist Sabine Nemez.

Etwas frischen Wind bringt die 25-jährige Halbasiatin Miyu Nakahara ins Team. Sie wurde zwei Jahre lang an der BKA-Akademie von Sneijder und Nemez ausgebildet. Sie ist hochbegabt, hat das Asperger-Syndrom und erfasst Zusammenhänge schnell und logisch. Von ihr hätte ich mir mehr Präsenz gewünscht.

Es entsteht eine wilde Jagd, die sich sowohl in Spanien als auch in Deutschland abspielt, mit Plot-Twists und Cliffhangern. Die Spannung variiert, Spannungsmomente sind vorhanden und die Auflösung ist eine Überraschung, wie man es bei Grubers Thrillern gewohnt ist.


Fazit:

Leitthema ist die Entstehung und Zerschlagung einer linken Terrororganisation, die sich R4F nennt. Gruber versteht es hervorragend, seine Figuren so zu charakterisieren, dass man sich gut ein Bild von ihnen machen kann. Und das trifft nicht nur auf seinen Protagonisten Sneijder zu.
Für mein Empfinden war dies einer der schwächeren Bände aus dieser Reihe. Vieles im Handlungsablauf wirkte auf mich konstruiert. Nach einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren sollte sich Gruber vielleicht etwas Neuem widmen. Unvergessen bleiben seine grandiosen Thriller um den hinkenden Wiener Privatdetektiv Peter Hogart.
Alle Bände der Sneijder/Nemez-Reihe kann man unabhängig voneinander lesen. Kurze Rückblenden zu Ereignissen innerhalb der Ermittlergruppe sollten hierbei nicht stören. Der Schreibstil ist angenehm. Obwohl die Zusammenhänge komplex sind, kann man gut die Übersicht behalten. Wie bei allen anderen Thrillern von Gruber ist auch dies ein Buch, das sich leicht lesen lässt. Von mir gibt es vier Sterne.

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