Über die Autoren
JUSSI ADLER-OLSEN, Jahrgang 1950, Autor seit 1997, hat eine der weltweit erfolgreichsten Thriller-Reihen geschrieben. Seine preisgekrönten und mehrfach verfilmten Thriller erscheinen in 45 Sprachen.
LINE HOLM, Jahrgang 1975, arbeitet seit über 20 Jahren als preisgekrönte Investigativjournalistin und Buchautorin. Gemeinsam mit Stine Bolther veröffentlicht sie unter anderem die international erfolgreiche Thriller-Reihe um Kriminalhistorikerin Maria Just.
STINE BOLTHER, Jahrgang 1976, ist Journalistin, Autorin, Podcast- und TV-Moderatorin und arbeitet seit über 25 Jahren als Gerichts- und Kriminalreporterin.
Tote Seelen singen nicht
Kategorie: Thriller – Dänemark, Kopenhagen
Erstausgabe: Gebundene Ausgabe (10/25; 560 S.)
Schlagworte: Cold Cases, Knabenchor, Neid, Rachefeldzug
Meine Bewertung: ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️/5
Neues Autorentrio
2024 sollte nach über zehn Jahren eigentlich Schluss sein mit einer der weltweit erfolgreichsten Thrillerserien. Nun geht es also doch weiter mit dem nunmehr 11. Band der Serie. Mit Unterstützung des Bestsellerduos Line Holm und Stine Bolther ermittelt das Sonderdezernat Q in einem neuen Fall.
Änderungen in der Besetzung
Das Autorentrio behält den bisherigen Stil bei, auch was kleine humoreske Einlagen betrifft. Die Besetzung erfährt ein paar Änderungen. Von den drei bisherigen Figuren sind lediglich die Kriminalassistenten Rosa Maria Yrsa Knudsen sowie Hafez el-Assad mit syrischen Wurzeln übriggeblieben. Ihr ehemaliger Vorgesetzter, Vizekriminalkommissar Carl Mørck, mischt sich immer mal wieder in das Geschehen ein. Terje Ploug heißt der neue Chef und hat den Posten von Marcus Jacobsen übernommen.
Helena Henry ist die Neue im Team und soll die Nachfolge von Carl antreten. Sie ist von der Abteilung »Organisiertes Verbrechen« der französischen Polizei in Lyon nach Kopenhagen gewechselt. Bruchstückhaft erfahren wir im weiteren Verlauf, was der Grund dafür ist, dass sich Helena hat versetzen lassen. Aber sie ist enttäuscht darüber, in diesem Dezernat zu landen und möchte auf gar keinen Fall dortbleiben.
Rose kann Helena von Anfang an nicht leiden und vermutet, dass etwas an deren Versetzungsgeschichte nicht stimmen kann. Sie ist wie gewohnt übellaunig und spart nicht mit bissigen Kommentaren. Aber sie klagt auch über ständige Übelkeit. Assad trauert den alten Zeiten unter Mørck nach, mit dem er sich immer gut verstanden hat. Trockener Humor und Pointen in den Kommentaren vermisst man.
Drei Jahre ist es her, dass der ehemalige Vizekriminalkommissar Carl Mørck unschuldig wegen angeblichem Mord und Drogenhandel festgenommen und inhaftiert wurde. Nach zahllosen Enttäuschungen ohne Rückhalt seiner Vorgesetzten hat er daraufhin den Dienst quittiert und schreibt seine alten Fälle auf, um sie zu veröffentlichen.
Kein klassisches Erzählformat
Das Sonderdezernat Q befasst sich mit ungelösten Kriminalfällen. Die sogenannten Cold Cases haben andere Abteilungen schon längst zu den Akten gelegt. In dem neuesten Band »Tote Seelen singen nicht« wird das klassische Erzählformat umgedreht. Der Täter ist gleich zu Beginn präsent.
Laudate Dominum
Die Erzählung startet mit einem Ereignis aus dem weiteren Verlauf der Geschichte heraus und springt immer mal wieder zurück in die Vergangenheit. Alle Spuren führen zur Laurenti-Schule, einem Internat mit einem Elite-Knabenchor aus den achtziger Jahren. Ein neuer Schüler wird in den Chor aufgenommen und keiner hat eine so glockenhelle Stimme wie dieser Junge. Er soll das »Laudate Dominum«, den berühmtesten Teil eines Chorwerkes von Mozart als Solostimme singen. Das erzürnt einen der Jungen, der eigentlich für dieses Solo vorgesehen war. Rachegedanken kommen bei ihm auf. Es ist grausam und entsetzlich, was dem folgt. Tiefe menschliche Abgründe werden dabei offenbart.
Alte Fälle werden neu aufgerollt
Bei einer Lesung von Mørck übergibt ihm eine Frau einen alten Anrufbeantworter, worauf die Aufzeichnung mit einem Hilferuf eines Seniorenpaares zu hören ist. Da Carl immer noch Kontakt zu den alten Kollegen hat, übergibt er Rose und Assad die Aufnahme. Daraufhin rollt das Sonderdezernat Fälle, die schon über dreißig Jahre zurückliegen, wieder neu auf. Bei den Ermittlungen stoßen sie auf Verbindungen zwischen einem explodierten Trawler vor der Küste Jütlands, dem Tod einer Patientin in einer Schönheitsklinik durch eine mit Fentanyl präparierte Abnehmspritze sowie einer Unfallfahrt eines hochrangigen Politikers mit Todesfolge.
Wenn man sich an jemandem rächen will, bringt man ihn nicht um. Man nimmt das Umfeld ins Visier. Damit zu leben ist viel schlimmer, als selbst zu sterben.
Bewährter Spannungsaufbau
Ein bewährter Spannungstrick von Autoren – kurze Kapitel mit Figuren- und Ortswechseln erhöhen die Cliffhangerdichte. Und davon gibt es genug in diesem Thriller. Der letzte Cliffhanger am Ende lässt den Leser ungläubig zurück. Man erfährt am Rand, dass die Bände 12 und 13 bereits in Arbeit sind. Damit darf man auf eine Auflösung dieses Cliffhangers gespannt sein.
Fazit
Jussi Adler-Olsen hat mit »Tote Seelen singen nicht« das Fortbestehen seiner erfolgreichen Serie um das Sonderdezernat Q mit Hilfe des Autorenduos Line Holm und Stine Bolther vorbereitet. Es liegt die Vermutung nahe, dass Holm und Bolther das literarische Erbe von Jussi Adler-Olsen antreten sollen, nachdem dieser im Februar 2025 seine unheilbare Erkrankung öffentlich gemacht hat. Man weiß nicht, wieviel von Adler-Olsen in diesem 11. Band steckt.
Das Setting ist plausibel. Trotz häufiger Wechsel der Handlungsabläufe kann man den Überblick behalten. Die Kapitel wechseln zwischen den verschiedenen Figuren, mit deren Namen sie jeweils überschrieben sind. Manchmal treten auch die potenziellen Opfer und Nebenfiguren in den Mittelpunkt eines Kapitels.
Eine autarke Einheit der Polizei in Kellerräume abzuschieben, die sich mit Fällen beschäftigt, die andere Polizeieinheiten längst abgeschlossen haben, ist offenbar ein Anreiz zur Nachahmung. So hat der schwedische Autor Anders de la Motte unlängst sein »Dezernat der hoffnungslosen Fälle« um die Ermittlerin Leo Asker unten im Keller des Polizeigebäudes angesiedelt.
Quellenangaben
Text über die Autoren: Schutzumschlag © Verlagsgruppe Penguin Random House Verlagsgruppe München, 2025
Buchcover: Bildrechte gehören dem jeweiligen Verlag
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen