Donnerstag, 20. November 2025

Sten, Viveca – Lügennebel (Die Åre-Morde, 4)

Über die Autorin

Viveca Sten ist eine der bekanntesten schwedischen Krimiautorinnen der Gegenwart. Mit ihrer Familie lebt sie nördlich von Stockholm. Seit ihrer Kindheit verbringt sie jeden Sommer auf Sandhamn in den Schären. Im Winter aber reist sie zum Skifahren nach Åre – dem Schauplatz ihrer aktuellen Reihe.
Die Verfilmung der Åre-Morde stand auf Platz 1 der Netflix-Charts, ihre Sandhamn-Krimis lieferten den Stoff für die Beliebte TV-Serie »Mord im Mittsommer«.
Viveca Stens Bücher gehören zu den erfolgreichsten Krimiserien aus Skandinavien und erscheinen in über 25 Ländern.


Lügennebel


Kategorie: Thriller – Schweden, Åre
Erstausgabe: Gebundene Ausgabe (10/25; 528 S.)
Schlagworte: Semesterferien, Alkohol, Drogen, Private Gefühle
Meine Bewertung: ⭐️⭐️⭐️⭐️/5


Ein neuer Fall der Polarkreis-Reihe

Die Åre-Morde um die beiden Ermittler Hanna Ahlander und Daniel Lindskog gehen in die vierte Runde. Die ersten drei Bände wurden mittlerweile verfilmt und sind auf Netflix zu sehen.


Semesterferien mit Folgen

Sechs befreundete Studenten wollen die Semesterferien nutzen und eine Woche ausspannen beim Skifahren im schwedischen Bergdorf Åre. Dort gehört den Eltern von William (Wille) Löwengren ein Ferienhaus mit einem angrenzenden Blockhaus. Schon auf der Zugfahrt von Uppsala nach Åre gibt es erste Spannungen zwischen Fanny, Olivia, Wille, Emil, Pontus und Amir. Ähnlich einem Kammerspiel hat das Miteinander eine psychologische Komponente und der Schwerpunkt liegt auf der Wirkung der Gespräche zwischen den Figuren.


Alkohol und Drogen

Gleich am ersten Abend veranstalten die jungen Studenten in dem Feriendomizil eine wilde Party. Schnell steigt der Alkoholspiegel und die Hemmschwelle sinkt. Drogenkonsum kommt hinzu. Sie grölen und schreien, nehmen keinerlei Rücksicht auf die Nachbarschaft. Das erzürnt den unmittelbaren Nachbarn Åke Carlsson. Er geht hinüber, um von den Jugendlichen Rücksicht einzufordern. Aber diese nehmen ihn gar nicht ernst. Eines der Mädchen greift ihm sogar zwischen die Beine.

Am darauffolgenden Morgen liegt eine der beiden jungen Frauen nur leicht bekleidet tot vor dem Haus im eiskalten Schnee. Es gibt zunächst keine Anzeichen dafür, ob es sich um einen Unfall oder ein Tötungsdelikt handelt.


Widersprüchliche Aussagen

Die Freunde können gegenüber den Ermittlern Hanna und Daniel nicht glaubhaft schildern, was in jener verhängnisvollen Nacht geschah. Einer von ihnen hat im Internet nach Begriffserklärungen für Mord, Totschlag und Strafmilderung gesucht. Außer Ihnen machen sich auch der Hausmeister Staffan Berg, Peter Carlsson, der Sohn der Carlssons und dessen Vater Åke Carlsson selbst verdächtig. Peter Carlsson hat schon einmal wegen sexueller Belästigung vor Gericht gestanden. Mit solchen Andeutungen wird der Leser gekonnt in die Irre geführt.


Das Misstrauen in der Clique wächst

Immer, wenn die Handlung zur Clique in Åre wechselt, wird es düster und atmosphärisch. Keiner traut dem anderen, mit zunehmender Zeit wächst das Misstrauen untereinander. Mit Äußerungen und Vermutungen wird zusätzlich Unruhe verbreitet. Mit jeder ungeklärten Frage steigt die Spannung unter den Freunden. Alle spielen sich gegeneinander aus, niemand kann glaubhaft darlegen, was in jener verhängnisvollen Nacht geschah.


Die Ermittler

Die private Situation der Ermittler ist oft ein Thema. Hanna und Daniel sind ein eingespieltes Team. Bei beiden Figuren ist eine gewisse Ambivalenz unverkennbar. Ihr privater Gemütszustand ist geprägt von einem inneren Konflikt. Hanna wünscht sich manchmal, mehr für Daniel zu sein als nur eine Kollegin. Mittlerweile ist sie aber in einer neuen Beziehung mit einem milliardenschweren Finanzinvestor. Die Polizistin und der Investor, der wesentlich älter als Hanna ist – kann das gut gehen?

Daniel lebt von seiner Partnerin Ida getrennt. Beide haben ein gemeinsames Kind, die zweijährige Alice. Sie teilen sich das Sorgerecht, was eine große Herausforderung für einen Polizisten ist. Es wird deutlich, dass das nicht funktionieren kann. Daniel hat seine Arbeit immer über das Privatleben gestellt, das hat Ida gehasst, was letztlich zum Bruch der Beziehung geführt hat. Auch Daniel hat in gewisser Weise Sympathien für Hanna entwickelt.

Der dritte im Bund der Ermittler ist Anton. Seine privaten Probleme sind anders gelagert. Vor ein paar Jahren hat er Carl kennengelernt. Der war ein wichtiger Zeuge in einem früheren Mordfall. Die beiden sind mittlerweile ein Paar, aber Anton traut sich nicht, die Beziehung öffentlich zu machen. Das entwickelt sich zu einer Zerreißprobe.


Ein Ende, dass überrascht

Es steckt viel Konfliktpotential bei den Geschehnissen rund um das Ferienhaus in Åre mit den Studenten und den privaten Problemen der Ermittler. Das hat die Autorin geschickt miteinander verwoben. Die Auswertung der Spuren, die Zeugenbefragungen und die psychologischen Auswirkungen auf die Beteiligten setzen sich Teil für Teil wie bei einem Puzzle zusammen. Trotz der privaten »Störgeräusche« sind die Ermittler professionell genug, um sich von ihrer Arbeit nicht ablenken zu lassen. So kommt es langsam zur Auflösung, die dann umso überraschender ist.


Fazit

Viveca Sten präsentiert im vierten Fall der Åre-Morde einen Whodunit-Thriller mit einem überraschenden Ausgang. Wenn man auch bereits bekannten Figuren wieder begegnet, ist die Handlung in sich abgeschlossen und dieser Teil kann ohne Vorkenntnisse der anderen Bände gelesen werden.
Der Plot besteht aus kurzen Kapiteln mit häufigen Perspektivwechseln und Cliffhangern. Für meinen Geschmack waren die Kapitel manchmal zu kurz, wenn sie lediglich eine Länge von einer oder zwei Seiten hatten.
Einzig zu bemängeln an diesem gut durchdachten und stimmigen Thriller ist die Tatsache, dass das Buch mit vielen Klischees endet. Das hat den sehr guten Gesamteindruck etwas geschmälert.
 
Quellenangaben
Text über die Autorin: Schutzumschlag © dtv Verlagsgesellschaft mbH München, 2025
Buchcover: Bildrechte gehören dem jeweiligen Verlag


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