Über die Autoren
Florian Schwiecker
ist 1972 in Kiel geboren und hat viele Jahre in Berlin als Strafverteidiger gearbeitet. Während seiner Tätigkeit für ein internationales Wirtschaftsunternehmen in den USA entstand die Idee zu seinem ersten Thriller »Verraten«. Außerdem empfiehlt Florian Schwiecker regelmäßig Krimis in seiner Thriller-Kolumne auf »freundin.de«.
Michael Tsokos,
1967 in Kiel geboren, ist Professor für Rechtsmedizin und international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Forensik. Seit 2007 leitet er die Berliner Rechtsmedizin. Seine Bücher sind allesamt Bestseller und wurden bereits mit hochkarätiger Besetzung verfilmt. Mit dem Schauspieler Jan Josef Liefers ist er in der Doku-Reihe Obduktion bei TVNOW zu sehen. Weitere TV-Produktionen sind in Arbeit.
(Klappentext © Knaur Verlag, 2022)
Der 13. Mann
Ausgabe: Taschenbuch mit Klappentext (03/22; 336 S.)
Meine Bewertung: ⭐️⭐️⭐️⭐️
Ein Experiment mit verheerenden Folgen
Wer könnte so eine Geschichte besser in Szene setzen als der ehemalige Strafverteidiger Florian Schwiecker und der Rechtsmediziner Michael Tsokos. Sie lassen dabei tief hinter die Kulissen des deutschen Rechtssystems blicken. Der spannende Fall um ein Tötungsdelikt vor dem Hintergrund eines Missbrauchs-Skandals ist in Anlehnung an ein reales Experiment entstanden. Die beiden Autoren legen allerdings Wert darauf, dass die hier vorkommenden Charaktere und die Handlung fiktiv und frei erfunden sind.
Pflegekinder wurden Anfang der 1970er-Jahre über einen längeren Zeitraum an pädophile Männer vermittelt. Dies alles geschah mit Duldung, Unterstützung und Ermöglichung von sexualisierter Gewalt durch die Jugendämter.
Jörg Grünwald und Timo Krampe leben beide in zerrütteten Familienverhältnissen, so dass sich das Berliner Jugendamt einschaltet und die beiden Jungen in die Obhut von Olaf Haarmann gibt. Da Haarmann pädophil ist, kann man erahnen, welchen seelischen und körperlichen Qualen die beiden Jungen ausgesetzt sind. Mit achtzehn verlässt Jörg diese Umgebung, und als Timo sechzehn ist, entzieht er sich der Obhut durch Flucht. Danach verlieren sich die beiden zunächst aus den Augen.
Jahre später treffen sich die beiden Freunde wieder und beschließen, mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit zu gehen. Nachdem sie weder bei der Polizei noch beim Jugendamt oder sonstigen öffentlichen Einrichtungen Gehör finden, wenden sie sich an die Journalistin Anja Liebig, die ihre Geschichte als Artikel in der Zeitung veröffentlichen will.
Ab da nimmt das Schicksal seinen Lauf, und plötzlich ist einer der beiden Männer tot. Handelt es sich um Mord? Will jemand die Veröffentlichung des Missbrauchs-Skandals verhindern oder was steckt dahinter?
Ein renommierter Strafverteidiger und sein Freund sowie Privatermittler, eine Staatsanwältin, eine Journalistin, ein Rechtsmediziner, ein Hacker und die Leiterin des Jugendamtes Berlin-Nord versuchen gemeinsam Licht in diesen vertrackten Fall zu bringen.
Im letzten Drittel des Buches werden wir viel über das deutsche Rechtssystem erfahren. Es wird ausführlich und präzise erklärt. Erst ab diesem Zeitpunkt ist die Handlung für mich zu einem wahren Justiz-Krimi geworden.
Nachdem die Spannungskurve deutlich zunimmt, ist die Auflösung ein wahrer Paukenschlag, mit dem ich nicht gerechnet habe.
Fazit:
Ein solches Experiment wie das hier Geschilderte finde ich abartig und pervers. Wie kann man auffällig gewordene Kinder auf Vermittlung der Jugendämter in die Obhut von pädophilen Männern geben?
Kurze Kapitel, die zum Teil als Cliffhanger enden, sind immer ein gutes Stilmittel. Einige Male waren mir die Kapitel allerdings zu kurz (manchmal nur eine Seite). Diese jeweils mit Ortsangabe und Uhrzeit zu betiteln ist eine Geschmacksfrage – mich hat es nicht gestört.
Die Schreibweise ist flüssig, die Handlung nimmt einen spannenden Verlauf und zum Ende hin eine überraschende Wende. Ich vergebe vier Sterne.
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