Über die Autorin
Saskia Calden wurde 1977 im Berchtesgadener Land geboren. Ihre Leidenschaft für das Schreiben und Erzählen von Geschichten entstand schon in der Kindheit. Seit eine ihrer Kurzgeschichten dem Nachbarsjungen eine schlaflose Nacht bescherte, war ihr Eifer geweckt. Ihr Debüt »Der stille Feind« wurde für den Deutschen Selfpublishingpreis nominiert. Ihr zweiter Psychothriller »Die Rachsüchtige« landete auf Platz 1 der Amazon Kindle Charts.
(Innenseite © Saskia Calden, Edition M Verlag, 2024)
Der Puppenwald
Ausgabe: Taschenbuch (02/24; 381 S.)
Meine Bewertung: ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️
Das Horrorhaus im Schwarzwald
Für Hauptkommissarin Evelyn Holm ist es der erste Fall nach ihrem Wechsel in den Schwarzwald. Vor sechs Jahren musste sie einen Fall beim LKA in Stuttgart abgeben, nachdem ihr eine Ermittlung zu sehr an die Psyche gegangen war. Jetzt will sie sich in Freiburg profilieren und ihre Diensttauglichkeit unter Beweis stellen.
Kommissar Achim Bolte hat bisher die Ermittlungen im Entführungsfall »Jessica« geleitet und steht Evelyn Holm von Anfang an abweisend gegenüber. Sein Verhalten kann man nachvollziehen. Warum musste er die Leitung abgeben? Die beiden anderen Polizisten im Team, Hannes und Tarek, wirken verunsichert und wissen nicht, wem sie zuarbeiten sollen – nach wie vor Bolte oder Holm.
In der Ich-Erzählform »Vorher« erfahren wir von der mittlerweile sechzehnjährigen Jessica, wie ihr tägliches Leben als »Puppe« nach ihrer Entführung abgelaufen ist. In der Ich-Erzählform »Nachher« befragt Hauptkommissarin Holm Jessica zu ihren Leiden und Ängsten. Bei diesen Befragungen zeigt Holm sehr viel Empathie im Gegensatz zu Bolte.
Während ihrer Gefangenschaft musste Jessica fürchterliche Demütigungen ertragen. Als Beispiel sei erwähnt, dass Claras Vater Jessica den Kopf kahl geschoren und ihr eine gelbe Perücke aufgeklebt hat, weil seine Tochter eine Puppe mit blonden Haaren haben wollte. Jessica war Claras Marionette, die alles machen musste, was Clara von ihr verlangte. Sie konnte sehr gemein sein, wenn Jessica nicht das tat, was Clara wollte. Sie schrie dann und sagte es ihrem Vater, der drastische Strafen gegen Jessica verhängte.
Was mich bei den Befragungen durch Holm und Bolte stutzig und nachdenklich gemacht hat ist die Tatsache, wie sachlich und emotionslos Jessica von ihrem über einen längeren Zeitraum erlittenen Leid erzählt. Wie kann eine Sechzehnjährige das wegstecken, ohne kaum eine Gefühlsregung zu zeigen? Allerdings änderte das nichts daran, dass ich Mitgefühl mit Jessica hatte.
Drei Fluchtversuche scheiterten, bis sie beim vierten Mal endlich dem Entführer entkommen konnte und am Fuße des Feldbergs an einer Haustür geklopft hat. Jessica hat ihr Zuhause in einem Kinderheim, wohin sie zurückgebracht wird. Ihr Vater lebt nicht mehr und ihre Mutter wird schon lange vermisst.
In eingeschobenen Passagen erfahren wir etwas über das Privatleben der beiden Kommissare. Boltes Sohn Marlon sitzt seit sieben Jahren unschuldig im Gefängnis, weil er wegen einer Liebesromanze eine Dummheit begangen hat. Empfindet er seine berufliche Zurücksetzung deshalb als weiteren Tiefschlag?
Holm und ihr Mann Nikolas führen augenscheinlich eine glückliche Ehe. Sie sprechen oft gemeinsam über ihre Fälle. Doch im Entführungsfall Jessica ist alles anders. Ständig fragt Nikolas nach dem Stand der Ermittlungen. Er bedrängt Evelyn fast, den Fall abzugeben. Es kommt sogar zum Streit zwischen den Beiden. Was steckt dahinter?
Im weiteren Verlauf wird intensiv nach dem Entführer und dessen Tochter Clara sowie nach der vermissten Mutter von Jessica gefahndet. Die Ermittler ziehen nun gemeinsam an einem Strang. Nach und nach fügen sich die Ermittlungen wie Teile bei einem Puzzle zusammen. Wir werden erfahren, dass vielmehr dahintersteckt, als man zunächst vermutet.
Fazit:
Dieser Thriller ist mit Überlegung aufgebaut und gut durchdacht. Die ganzen Aussagen von Jessica während ihrer Gefangenschaft wirken wie ein inszeniertes Kammerspiel.
Nach zwei Dritteln gibt es einen kurzen »Hänger«. Man muss denken, dass die Lösung in greifbarer Nähe ist. Aber das ist es keinesfalls. Danach steigt die Spannung wieder und es kommt zu einem kaum für möglich gehaltenen Twist.
Das Buch hatte für mich eine regelrechte Sogwirkung. Saskia Calden ist eine wunderbare Erzählerin. Wenn man dieses Buch gelesen hat, weiß man, was ich damit sagen will.
Ein völlig unerwartetes Ende, womit ich nicht gerechnet habe, lässt mich fast sprachlos zurück. Auch der zuvor erwähnte »Hänger« ändert nichts an meiner Meinung, dass ich eine klare Leseempfehlung mit fünf Sternen vergebe.
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